TUM gestaltet die digitale Verwaltung für das neue Jahrzehnt
Die Technische Universität München (TUM) hat eine einzigartige Forschungsstelle für die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung gegründet. Das TUM Center for Digital Public Services (CDPS) wird die juristischen Grundlagen und konkrete rechtliche sowie technisch-organisatorische Gestaltungsmöglichkeiten für die Verwaltungsmodernisierung erarbeiten und gemeinsam mit der Hochschule für Politik München als TUM Think Tank die Gesetzgebung beraten. Gefördert wird die Einrichtung vom Bayerischen Staatsministerium für Digitales.
Die Verwaltungen in Deutschland arbeiten weit weniger digital als in den meisten anderen EU-Staaten. Aus der Tatsache, dass deutsche Bürgerinnen und Bürger laut einem Bericht der EU-Kommission notwendige Behördenangelegenheiten nur selten per Internet erledigen können, erwächst dringender Handlungsbedarf, der nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie offenbart wurde. So sehr man sich einig ist, Verwaltungsleistungen nun stärker digital anzubieten, stellen sich doch zahlreiche ungeklärte Rechtsfragen, wie beispielsweise zum Datenschutz, zu deren Beantwortung es vielfach an Expertise fehlt.
Recht nicht als Hürde, sondern als wichtiger Gestaltungsfaktor
Zur Erforschung der rechtlichen Grundlagen sowie der Erarbeitung konkreter Vorschläge für die juristische und technisch-organisatorische Ausgestaltung von Digitalisierungsprojekten in der öffentlichen Verwaltung hat die Technische Universität München nun das TUM CDPS (Forschungsstelle für die Gestaltung der Digitalen Verwaltung) gegründet. In einem interdisziplinären Ansatz arbeiten hier Juristinnen und Juristen gemeinsam mit Expertinnen und Experten der Sozialwissenschaften und der Informatik.
„Wir begreifen das Recht nicht als Hürde, sondern als Gestaltungsfaktor“, sagt Prof. Dirk Heckmann, Direktor der Forschungsstelle und Inhaber des TUM Lehrstuhls für Recht und Sicherheit der Digitalisierung. „Das heißt, wir werden die Rechtslage nicht nur analysieren, sondern aufzeigen, wie rechtliche Aspekte bei der Entwicklung von E-Government-Diensten von Anfang an genauso produktiv mitgedacht werden können wie IT-Fragen oder die Bedienbarkeit.“
E-Government-Studie für Bayern
Im ersten Schritt wird die Forschungsstelle eine E-Government-Studie erstellen, die zunächst den Bedarf der Verwaltung in Bayern ermittelt und Qualitätskriterien für digitale Angebote erarbeitet. Auf dieser Basis sollen dann Ziele definiert und akzeptanzstiftende Lösungen erarbeitet werden. „Während in der Vergangenheit deutsche Großprojekte aufgrund ihrer zu lange andauernden rechtlichen Ausgestaltung oftmals zum Scheitern verurteilt waren, wollen wir mit intelligenten Pilotprojekten in agiler Weise rasch neue Lösungsansätze erproben und für den Alltagseinsatz validieren“, sagt Heckmann. Die drängendsten Probleme sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den Bereichen Gesundheit und Bildung. Hier könnte Digitalisierung helfen, die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Pandemie besser zu bewältigen oder Fernprüfungen für Schulen und Universitäten rechtssicher zu gestalten.
Das TUM CDPS wird gemeinsam mit der Hochschule für Politik München (HfP) über den im Rahmen der Corona-Krise eingerichteten TUM Think Tank eng mit Ministerien und der öffentlichen Verwaltung zusammenarbeiten und Gesetzesinitiativen wissenschaftlich begleiten. Finanziell gefördert wird das Zentrum zunächst für zwei Jahre vom Bayerischen Staatsministerium für Digitales.
Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach betont: „Wir wollen in Bayern nicht nur eine umfassende, sondern auch eine möglichst effiziente, sichere und bürgerfreundliche digitale Verwaltung. Dazu ist es wichtig, dass wir einen tiefen Einblick in die rechtlichen und technischen Möglichkeiten haben. Die neue Forschungsstelle der TUM ist für uns eine ideale wissenschaftliche Ergänzung und ein weiterer Schritt zu einer bestens ausgebauten digitalen Verwaltung in Bayern.“
Digitalisierung der TUM-Verwaltung
Das TUM CDPS wird als Forschungsstelle in das Munich Center for Technology in Society (MCTS) der TUM integriert, welches die Wechselwirkungen von technologischer und gesellschaftlicher Entwicklung untersucht. „Mit dieser deutschlandweit einzigartigen Einrichtung schaffen wir einen Brückenkopf zwischen interdisziplinärer Spitzenforschung und moderner Verwaltungspraxis des neuen Jahrzehnts“, sagt Prof. Thomas F. Hofmann, Präsident der TUM. „So wollen wir einen entscheidenden Beitrag leisten, die Interaktion zwischen Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen mit der öffentlichen Verwaltung deutlich schneller, effizienter und nutzerfreundlicher zu machen. Unmittelbar einfließen werden die Erkenntnisse auch in die Digitalisierung der TUM-Verwaltung, die derzeit als integraler Bestandteil der TUM AGENDA 2030 und als Projekt der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder mit großen Schritten voranschreitet.“
- Zur Pressemitteilung der TUM (3. Juni 2020)
- Zur Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministeriums für Digitales (3. Juni 2020)