Unter dem Leitgedanken „Recht im Umbruch – KI als Gamechanger?“ fand vom 11. bis 13. September 2024 in Saarbrücken der 33. EDVGT statt.
Mit dabei war TUM CDPS-Direktor Prof. Dr. Dirk Heckmann. Am dritten Veranstaltungstag beteiligte er sich mit seinem Impulsvortrag an der Diskussionsrunde zum Thema „Gewaltenteilung zwischen Mensch und Maschine? Zur Reichweite richterlicher Unabhängigkeit beim Einsatz generativer KI“.
Unter der Moderation von Prof. Dr. Anne Paschke umriss er die Reichweite und Grenzen der richterlichen Unabhängigkeit zusammen mit Herrn Chan-jo Jun und Frau Ingrid Kaps.
Dabei zeigte er zunächst auf, wie die USA im Vergleich zu Deutschland als Vorreiter in Bezug auf den Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) in der Justiz agieren. Sodann stellte er seine drei pointierten Thesen zum Einsatz von KI in der deutschen Justiz auf:
- Richterliche Unabhängigkeit wird durch selbstbestimmten KI-Einsatz nicht gefährdet.
- Kollektive Voreingenommenheit ist nicht unbedingt schlechter als persönliche Voreingenommenheit.
- Richterinnen und Richter tragen schon bald die Verantwortung für das Qualitätsmanagement der Rechtsfindung im Prozess der Co-Creation.
Hinsichtlich der ersten These betonte er, dass der KI-Einsatz durchaus im Einklang mit der sich aus Art. 97 Abs. 1, 20 Abs. 2, 3 GG ergebenden richterlichen Unabhängigkeit stehen kann. Maßgeblich sei hierbei, dass durch den KI-Einsatz keine Weisung, kein Druck oder ähnliche Beeinflussung des freien Willens der richtenden Person stattfinden darf, sondern diese lediglich als Hilfsmittel herangezogen wird. Selbstverständlich gilt es die rechtsstaatliche Bindung an Gesetz und Recht zu wahren. Insofern ist von einer „jurisdiktionelle Selbstbestimmung“ bei Rechtsfindung und Rechtsprechung (i.e.S.) auszugehen.
Bei der zweiten These zeigte Professor Heckmann das zu beachtende Risiko der kollektiven Voreingenommenheit des KI-Systems auf. Dessen sollte sich der Richter oder die Richterin bewusst sein und entsprechend berücksichtigen. Die Vorteile der KI-Anwendung liegen jedoch in einer effizienten richterlichen Assistenz. Sie können im Vergleich zu den richtenden Personen eine unbegrenzte Datenmenge (z.B. aus bereits ergangenen Gerichtsentscheidungen) auswerten und „stehen unter keinem Zeitdruck“ bzw. können in Rekordzeit, eine Entscheidungsempfehlung abgeben.
Zuletzt wagte Professor Heckmann mit Blick auf die dritte These zugleich einen Blick in die Zukunft der deutschen Justiz. Richter und Richterinnen werden als KI-Qualitätsmanager und –managerinnen fungieren. Neben der – wie bisher – hohen fachlichen Kompetenz wird ein hohes technisches Verständnis für die Funktionsweise von KI und eine angemessene technische Fertigkeit im Umgang mit der KI Teil des Anforderungsprofils sein (müssen).
Damit wird auch in Deutschland ein fairer KI-Einsatz in der Justiz unter Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit gewährleistet sein.
Hier geht es zum Nachbericht des 33. EDVGT.
Der 34. EDVGT wird vom 17. bis 19. September 2025 stattfinden.