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TUM COVID-19 Lectures: Datenschutz im Gesundheitssystem – Hindernis oder Notwendigkeit in einer Pandemiesituation?

Im Rahmen der TUM COVID-19 Lectures sprach Center for Digital Public Services (CDPS)-Direktor Prof. Dr. Dirk Heckmann zusammen mit Prof. Dr. Alena Buyx (Professorin für Ethik der Medizin und Gesundheitstechnologien und Vorsitzende des Deutschen Ethikrats) und Prof. Dr. Martin Boeker (Professor für Medizinische Informatik) über Datenschutz im Gesundheitssystem und die Rolle von Gesundheitsdaten in einer Pandemiesituation.

In den drei sich aneinanderfügenden Beiträgen beleuchteten die Vortragenden das Thema aus ihrer jeweiligen Disziplin.

Prof. Heckmann betonte in seinem Vortrag die Relevanz von Gesundheitsdaten. Eine umfangreiche und präzise Datenbasis könne die Wirksamkeit von politischen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie maßgeblich erhöhen und dabei auch vor unnötigen Einschränkungen bewahren. Dabei hob Prof. Heckmann hervor, dass der Datenschutz kein Hindernis für eine effektive Pandemiebekämpfung ist. Die Datenschutzgrundverordnung sehe vielmehr explizit die Möglichkeit der Erhebung und Nutzung der hierfür erforderlichen Daten vor, die gegebenenfalls anonymisiert werden müssen. Insofern müsse die Verordnung auch als „Datennutzungsverordnung“ gesehen werden. In diesem Kontext sei es außerdem unerlässlich, dass Datenschutz und Pandemiebekämpfung nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern, dass durch transparente und verständliche Kommunikation deutlich wird, welche Daten zu welchem Zweck genutzt werden: „Nicht Datenschutz, sondern Desinformation schadet der Pandemiebekämpfung“, so Prof. Heckmann in seinem Vortrag.

Prof. Buyx beleuchtete die Thematik unabhängig von der aktuellen Pandemie und formulierte hierbei einen allgemeinen, ethischen Imperativ: „Ein leistungsfähiges Gesundheitssystem braucht gute Konzepte zur schnellen, klugen, flexiblen und verantwortlichen Erfassung, Nutzung und Weitergabe gesundheitsrelevanter Daten.“ Nur mit einem solchen Gesundheitssystem kann man adäquat auf zukünftige Pandemien reagieren. Der Datenschutz muss dabei eine fördernde und keine hemmende Rolle einnehmen.

Prof. Boeker referierte über die Corona-Warn-App und deren Anforderungen und technische Umsetzung. Dabei lobte er die hohen Sicherheitsstandards und die dezentrale Architektur der Anwendung und sah die größten Probleme in der mangelnden gesellschaftlichen Akzeptanz. Auch die von manchen als zu lange kritisierte Entwicklungsdauer sei in der komplexen IT-Infrastruktur und den damit zusammenhängenden hohen Sicherheitsanforderungen begründet und dadurch gerechtfertigt.

Die COVID-19 Lectures der Technischen Universität München sind eine offene Vorlesungsreihe, die sich mit den Fragen der Sars-CoV-2-Pandemie beschäftigt. Im Mittelpunkt stehen hierbei nicht nur medizinische Fragestellungen, sondern gleichwohl die ökonomischen, rechtlichen und ethischen Perspektiven. Die Vorträge werden jeweils mittwochs ab 18:15 Uhr live gestreamt und stehen im Anschluss zum Abruf auf YouTube zur Verfügung.